Brunnen Winterhalde

Zehntenhaus

Ab der fünften Ausgabe der «Remiger Dorfzeitung» zierte ein Bild des Zehntenhauses die Titelseite. Das Wohnhaus mit den beidseitigen Treppengiebeln sticht in Remigen architektonisch hervor, bekannt darüber ist aber wenig. Möglicherweise diente das Zehntenhaus im Hochmittelalter dem Remiger Rittergeschlecht als Wohnsitz. Diesem Rittergeschlecht entstammte Heinrich von Remigen, der in den Jahren 1264–1281 Abt des Klosters Muri war. Ob das Zehntenhaus wirklich aus dieser Zeit stammt, ist nur eine Mutmassung, zumal dieser Ritterfamilie ein einstiger Burgbesitz auf dem Iberg zugeschrieben wird. 1227 siedelte die Ritterfamilie von Remigen ins neu gegründete Habsburgerstädtchen Bremgarten über. Was blieb, ist das Familienwappen dieses Geschlechts: der schreitende Steinbock, bis heute das Gemeindewappen von Remigen. Die Denkmalpflege datiert den Bau des Hauses erst ins 16. Jahrhundert. Dort wurden die Abgaben an die Obrigkeit eingesammelt. Jahrzehntelang war es still ums Zehntenhaus. Während ab den 1960er-Jahren Remigen kräftig wuchs und immer neue Quartiere erschlossen, alte Bauten abgerissen und neue erstellt wurden, änderte sich am Aussehen des Zehntenhauses nichts. Erst im Frühling 1986 wurde in der «Dorfzeitung» verkündet, dass ein Konsortium, bestehend aus drei Leuten, das Haus gekauft habe. Die neuen Besitzer wollten es renovieren und darin Wohnungen unterbringen. Um das Zehntenhaus vor dem Zerfall zu bewahren, waren zahlreiche Investitionen nötig. Zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege packten die neuen Besitzer, zwei Handwerker aus Hausen und ein Ingenieur aus Birr, die Renovation an. Durch die Entfernung der Oberflächenverkleidung sollte die Baugeschichte untersucht werden. Erst mit der Renovation wurde die ursprüngliche Form des Gebäudes enthüllt. Die Anbauten und der aus dem 19. Jahrhundert stammende Innenausbau wurde nicht als schutzwürdig erachtet. Im Hauptbau sollten eine Fünfeinhalb-, eine Viereinhalb- und eine Zweieinhalbzimmerwohnung entstehen.

Die angebaute Scheune war nicht erhaltenswert und wurde abgebrochen. Das umgebende Land sollte ebenfalls dem Charakter des historischen Gebäudes angepasst werden: Ein gepflasterter Hof mit Brunnen sollte an der Vorderseite entstehen, nach Südwesten hin kamen Gärten mit Obstbäumen und ein Kinderspielplatz neu dazu. Im Frühjahr 1987 war die alte Scheune abgebrochen und an ihrer Stelle stand ein zweigeschossiger Bau für zwei Wohnungen. Im März 1988 waren drei der Eigentumswohnungen verkauft. Bis auf eine Ausnahme bewohnen die Wohnungen im Zehntenhaus heute noch die Ersteigentümer, welche sich für den Erhalt und die Pflege der Liegenschaft stark engagieren.

 

Trinkwasserversorgung / Viehtränke

Das Wasser fliesst aus dem Hahn, wenn wir ihn öffnen. Am Morgen starten wir mit einer Dusche in den Tag, an kalten Wintersonntagen nehmen wir ein Bad und die Toilettenspülung können wir uns nicht wegdenken. Solche alltäglichen Annehmlichkeiten sind für uns selbstverständlich, egal, ob wir in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Doch so einfach floss auch den Remigerinnen und Remigern das Wasser nicht immer zu. Bis zur Jahrhundertwende um 1900 standen sieben öffentliche Brunnen zur Verfügung, an denen die Bevölkerung Wasser beziehen konnte. Das für den Tag benötigte Wasser wurde mit Eimern ins Haus getragen und das Vieh wurde zur Tränke an den Brunnen geführt. In Trockenperioden trockneten einzelne Brunnen oft aus und die Versorgung mit genügend Wasser konnte nicht gewährleistet werden. Eine flächendeckende Trink- und Brauchwasserversorgung sollte den Lebensstandard in Remigen dereinst erheblich erhöhen. Nach geologischen Gutachten wurden 1907 ein 400 Kubikmeter umfassendes Reservoir sowie ein Leitungs- und Hydrantennetz erstellt. Neben den Vorteilen für die Remiger Haushalte konnte auch die Feuerwehr enorm von der Hydrantenanlage profitieren und Feuer effektiver bekämpfen. Trägerin dieses Projekts war die Wasserversorgungsgenossenschaft, eine Gesellschaftsform, welche in zahlreichen Schweizer Gemeinden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur umfassenden Versorgung des Gemeindegebiets mit Wasser zum Einsatz kam. Das Amt des Brunnenmeisters wurde geschaffen, um die Instandsetzung und Kontrolle der Wasserversorgungsanlagen sicherzustellen. Aus dem Jahr 1925 ist ein Pflichtenheft eines solchen Brunnenmeisters überliefert. Er musste einmal jährlich die Hausleitungen kontrollieren, das Reservoir reinigen sowie die Löschreserve kontrollieren. Bei den Arbeiten im Zusammenhang mit der Hydrantenanlage arbeitete der Brunnenmeister eng mit der Feuerwehr zusammen und hatte im Brandfall auch deren Anweisungen Folge zu leisten.

Wenig überraschend nahm der Wasserverbrauch der Remiger Bevölkerung in den folgenden Jahren rasant zu. Auf die hinzugewonnenen Annehmlichkeiten wollte man nicht mehr verzichten und vielleicht ging nicht jeder allzu sparsam mit Wasser um. Als die bestehenden Anlagen die Nachfrage nicht mehr decken konnten, musste nach Lösungen gesucht werden. Das Ingenieurbüro H. Sigrist aus Thalwil wandte sich in einem Schreiben vom 14. August 1937 an die Wasserversorgungsgenossenschaft in Remigen. Das auf Wasserversorgungen und Hydranten spezialisierte Geschäft hatte bereits 30 Jahre zuvor die erste Anlage in Remigen projektiert. «Es ist Tatsache und in allen Gemeinden konstatiert, dass der Wasserverbrauch in den letzten 30 Jahren stark zugenommen hat», liest man in dem Schreiben. Zahlen aus der Wasserverbrauchsstatistik des Kantons Zürich sollten diese schweizweite Tendenz bestätigen. Für «reine Bauerngemeinden» wurde ein Wasserbedarf von 150 Litern pro Person und Tag festgestellt. Bei «gemischten Gemeinden mit mehr Landwirtschaft» stieg der Verbrauch auf 250 Liter pro Tag und Kopf und «Städte mit Industrie und Handel» verschlangen gar 500 Liter. Für Remigen wurde die folgende Rechnung aufgestellt: 530 Einwohner à 150 Liter, 350 Stück Grossvieh à 60 Liter, 150 Stück Kleinvieh à 30 Liter, was zu einem Gesamtverbrauch von 100 Kubikmetern Wasser pro Tag führte. Als Ersatz für das inzwischen zu kleine Reservoir fasste das Ingenieurbüro darauf zwei Möglichkeiten für neue Pumpwerke ins Auge: ein weit vom Dorf entferntes Werk in Vorderitalen und ein näher gelegenes auf dem Stig. Letzteres wurde zur Ausführung empfohlen. Erst eine Tiefenbohrung im Allenried ermöglichte dann zu Beginn der 1940er-Jahre die Nutzung des Grundwassers. 1942 wurde mit dem Bau begonnen. Die Unterwasserpumpe leistete 330 Liter pro Minute und wurde mithilfe polnischer Internierter aus dem Krieg gebaut. Die Inbetriebnahme fand 1943 statt.

Die Wasserversorgungsgenossenschaft löste sich bald danach auf und das Werk ging in den Besitz der Einwohnergemeinde Remigen über. Erst 1973 wurde ein Ausbau der Wasserversorgung zu einem Politikum in der Gemeinde. Zuerst ging es darum, die Wassergebühren am effektiven Verbrauch zu messen und nicht mehr an der Anzahl der installierten Hähne in einem Haushalt. Zu diesem Zweck wurden 1974 Wasseruhren installiert. Der Zuwachs von 450 auf 660 Bewohner seit den 1940er-Jahren bedeutete auch, dass der Wasserverbrauch mit dem bisherigen Pumpwerk nicht mehr gedeckt werden konnte. In höheren Wohnlagen stand es schlecht um die Druckverhältnisse. Besonders Hydranten waren davon betroffen, denn der Löschwasserdruck war viel zu gering. Um den gewachsenen Bedürfnissen gerecht zu werden, schlug ein Ingenieurbüro aus Brugg ein neues Reservoir im Bützberg vor, das 30 Meter höher gelegen war und somit mehr Wasserdruck lieferte. Zudem wurde der Anschluss ans Pumpwerk Villigerfeld projektiert, ein Gemeinschaftsprojekt mit Rüfenach. Im November 1979 wurde auf das neue Reservoir umgeschaltet. Die Steuerung erfolgte neu automatisiert aus der Ferne.

 

Standorttafel